"Kastrationen für Jumilla" - unser September-Trip 2014


2. Beisitzerin Constanze Schöttler und 1. Vorsitzende Eva-Maria Lorenzen
2. Beisitzerin Constanze Schöttler und 1. Vorsitzende Eva-Maria Lorenzen

Freitag Abend landeten wir im turbulenten Anflug in Alicante. Das Abendprogramm bestand aus einem Termin mit einem ortsansässigen Tierarzt, der bereits für das Tierheim in Jumilla kastriert.

 
Geplant ist ein Kastrationsprojekt, an dem sich alle Tierärzte in Jumilla beteiligen und über die Wintermonate für alle Bürger Kastrationen für einen Festpreis anbieten, ca. die Hälfte des üblichen Preises. Dieses Projekt soll durch Radio- und Fernsehbeiträge, wie auch  mit Hilfe von Presseartikeln und Flyern publik gemacht werden und die Hundebesitzer ansprechen, denen die Kosten für eine Kastration bisher zu teuer waren.
 
Gleichzeitig werden von allen Tierärzten Listen erstellt von Hundebesitzern, die zwei mal im Jahr ihre Welpen zu den Tierärzten bringen, damit diese die Welpen verkaufen sowie auch die, die ihre unkastrierten Rüden frei laufen lassen. Auf diesen Listen sind zudem die Personen aufgeführt, die durch das Raster der "ersten Kastrationsaktion" fallen würden, sprich: die Hundebesitzer, die auch für den halben Preis ihre Hunde nicht kastrieren lassen würden. Für diese Tiere haben wir besondere Kastrationsbedingungen verhandelt. Für die Kosten dieser Eingriffe wird der Verein Pfotennot e.V. aufkommen, um dieses langjährige Projekt zum Erfolg zu führen. Die Finanzierung dieser langfristigen Hilfe soll durch Spenden und Patenschaften ermöglicht werden.
 
Da die Zahlen der Abgabehunde in den vergangenen fünf Jahren durch das Tierheim dokumentiert worden sind, ist es möglich die zukünftige Entwicklung der Straßenhundpopulation, unter Berücksichtigung der anstehenden Kastrationen der freilaufenden Hunde mit einem Besitzer, zu evaluieren. Wir gehen davon aus, dass ca. 80-90 % aller Abgabe- oder Fundhunde aus nicht gewollten Würfen von freilaufenden Hunden mit einem Besitzer ausmachen.
 
Für Spanien wird dieses Pilotprojekt in Jumilla und dessen Evaluation sehr aussagekräftig für weitere Regionen Spaniens sein. Wissenschaftliche Arbeiten zu der Entwicklung der Straßenhundpopulation gibt es nur aus Italien und Amerika. Es soll bewiesen werden, dass ausschließlich durch die Kastrationen eine langfristige Minimierung der herrenlosen Hunde zu erreichen ist. Tötungen werden die Zahl der Hunde nicht im geringsten verringern.
 
Die Verhandlungen führten wir dann noch mit einem anderen Tierarzt in Jumilla, der uns ebenfalls seine Hilfe bei diesem Projekt zusagte. Nach den Gesprächen mit den Tierärzten folgte noch ein sehr eingehendes Gespräch mit der zuständigen Politikerin der Stadt Jumilla, der wir die wissenschaftlichen Arbeiten näher bringen konnten und von dem Projekt überzeugen. Sie wird nun die Verhandlungen mit allen Tierärzten der Stadt führen und in einem großen Artikel in der Zeitung die Bevölkerung Jumillas über die geplante Kastrationsaktion informieren.
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Am Samstag morgen konnten wir 1.170,-- Euro aus der Lesung "Nicht alles ist eine Viecherei", organisiert von unserer lieben Vereinskollegin Claudia Ruhmanseder, übergeben. Die Freude war groß, weil mit diesem Geld die ausstehenden Tierarztrechnungen zum größten Teil beglichen werden konnten. Wir besprachen alle Aufgaben des Abends, da unser Partner Cuatro Patas Jumilla Großes geplant hatte.

Tagsüber besuchten wir noch einen sehr ängstlichen Galgo eines Paares, der sich nicht anfassen ließ. Eva konnte dem Paar im Umgang mit der Angst ihres Hundes helfen, so dass schon nach einer Stunde ein deutlich entspannterer Hund mit Haltern zu erkennen war. Nun hieß es schnell umziehen und ab zum Weinfest.

 
Auf einem wunderschönen Platz war schon alles dekoriert. Das Essen wurde gerade vorbereitet und um 19.00 Uhr sollten die Tore für über 300 Gäste geöffnet werden, die der Einladung des Tierheims gefolgt waren und gerne für ein kleines Eintrittsgeld Weine der Region verköstigen wollten. Alles an dem Abend war gespendet, die 300 Weinflaschen der verschiedenen Winzer, das Essen, selbst der Liveauftritt des Sängers war umsonst. 25 freiwillige Helfer kellnerten sich durch den Abend und die Gäste strömten in feiner Robe auf den Platz. Ein voller Erfolg, der dem Tierheim satte 2.500,-- € einbrachte. Alle waren am Ende der Nacht erschöpft, aber allen war auch klar, dass sich dieses Ereignis wiederholen sollte.
Der Sonntag Vormittag gehörte der Tötung und dem Tierheim von Yecla, einem Nachbardorf. Es war uns möglich, geheime Aufnahmen von Hunden in Ketten zu machen, die alles andere als tierschutzkonform in der Tötung gehalten wurden. Diese Tiere haben nicht die Möglichkeit adoptiert zu werden, da kein Publikumsverkehr erlaubt ist. Sie werden nach 48 Stunden umgebracht. Wie weiß niemand, da der zuständige Tierarzt nicht gesehen wird. Danach trafen wir uns mit der Betreiberin des Tierheimes und machten Filmaufnahmen für das Internationale Hundesymposium im November dieses Jahres in Aschau im Chiemgau.
Den Nachmittag verbrachten wir im Tierheim von Jumilla, um dort bei der Zwingerreinigung zu helfen und die Hunde zu fotografieren. Das Tierheim war, gelinde gesagt, randvoll. Räume, in denen früher Interessenten empfangen wurden oder im Inneren Besprechungen oder Pausen abgehalten werden konnten, waren komplett ausgeräumt und mit Hunden "besetzt". Selbst Flure wurden als "Zwinger" genutzt, da das Tierheim einfach aus allen Nähten platzt. Als Ursache wird von unseren Freunden aus Jumilla die vielen Welpenwürfe angegeben, die in nicht aufhörender Zahl vor dem Tierheim im gesamten Sommer vorzufinden waren. Um so wichtiger erschien uns der Start der Kastrationsaktionen. Für mich persönlich war der Anblick des Tierheimes in diesem Jahr ernüchternd und einige Eindrücke begleiten mich noch heute täglich.
Am Abend war es dann soweit - wir verabschiedeten uns bei einem gemeinsamen und leckeren Essen in einem Restaurant in Jumillas Straßen in großer Runde von fast allen Helfern des Tierheims.
 
Am Montag Vormittag trafen wir uns mit einem Mann, der sich ebenfalls in einem kleinen Nachbarort von Jumilla um die frei laufenden Hunde kümmert, um die Situation der umliegenden Orte Jumillas besser abschätzen zu können. Auch bei diesem Besuch wurde uns wieder deutlich, wie schwer man deutsche und spanische Tierheime vergleichen kann. Unser Partnertierheim ist hauptsächlich auf sich allein gestellt, vor allem finanziell und es mangelt an Interesse, Hilfsbereitschaft und Verständnis aus weiten Teilen der Bevölkerung. Jedoch im Vergleich zu Jumillas Nachbarorten oder anderen Regionen Spaniens ziehen wir den Hut vor der gebündelten Energie weniger, die in kürzester Zeit die Situation vor Ort drastisch zum Guten verändert haben und deren Arbeit so überaus unterstützungswürdig ist.